Eine Hochzeit im türkischen Stil zu feiern bzw. zu besuchen gleicht einem Party-Marathon. Traditionell erstrecken sich die Feierlichkeiten über drei Tage und drei Nächte – während derer zahlreiche Bräuche gepflegt werden. Um im Getümmel eine gute Figur zu machen, empfiehlt sich angemessene Kleidung. Doch was heißt das im Falle einer türkischen Hochzeit eigentlich?
Casual zur Verlobung
Die Auswahl geeigneter Garderobe kann bereits lange vor der Eheschließung notwendig sein – und zwar dann, wenn das Paar eine Person sucht, die das Verlöbnis bezeugt. Traditionell erfolgt das „Ja!“ zur Hochzeit in drei Schritten, für die jeweils eigene Kleidung empfohlen ist.
Kiz Istemeye, das gegenseitige Kennenlernen
Dieser Teil des Verlöbnisses gleicht dem hierzulande üblichen „Antrittsbesuch“ bei den Schwiegereltern in spe – mit dem Unterschied, dass im türkischen Kulturkreis beide Familien zusammenkommen. Die bevorstehende Hochzeit wird nicht thematisiert; vielmehr sprechen die jeweiligen Elternpaare und die Brautleute bei Kaffee und Gebäck über dies und das. Erst, wenn sich alle ein wenig „näher gekommen“ sind und im besten Falle „warm miteinander“ wurden, gibt der Brautvater sein Einverständnis zur Hochzeit. Dabei fällt der traditionell vorgeformte Satz Wenn unsere Kinder es so wollen, soll es ihnen Glück bringen. Wie beim hierzulande üblichen Schwiegereltern-Besuch tragen alle gepflegte Freizeitkleidung.
Söz kesme, ein zukunftsweisendes Versprechen
In der Türkei verspricht der Bräutigam seiner zukünftigen Frau schon vor der Eheschließung, sie lebenslang glücklich zu machen. Was genau das beinhaltet, bleibt ungenannt – denn die Vorstellung von Glück ist individuell und situationsabhängig. Doch auch, wenn sich die Brautleute jetzt Ringe anstecken, ist das Verlöbnis nach türkischem Brauch noch nicht (end-) gültig. Aber bereits an dieser Stelle erhalten sie erste überschwängliche Glückwünsche ihrer Familien.
Nisan, das eigentliche Verlöbnis
In einem dritten und nahezu intimen Schritt schließt das Brautpaar seine Verlobung ab. Die Ringe werden ein zweites Mal übergestreift – und zwar im Beisein eines sehr engen Freundes oder einer sehr engen Freundin. Die drei Personen bleiben ganz unter sich; begehen aber den vielleicht wichtigsten Teil der Zeremonie. Wer die Ehre hat, Zeuge oder Zeugin des eigentlichen Verlöbnisses zu sein, sollte diesem Umstand mit ausgewählter Freizeitkleidung Rechnung tragen. Herren wählen am besten eine Tuchhose mit hellem Hemd; Frauen ein Kleid oder eine Rock-Bluse-Kombination im Casual-Look.
Halboffiziell zur Verlobungsfeier
Oft – aber bei weitem nicht immer – feiern Brautmutter und -vater die Verlobung mit einem rauschenden Fest. Dazu werden überwiegend Familienangehörige, seltener auch enge Freunde und Bekannte eingeladen. Die zukünftige Ehefrau hat das erste Mal Gelegenheit, in ausgefallener Kleidung zu erscheinen. Weibliche Gäste tragen auf einer Verlobungsfeier elegante Nachmittags-Garderobe wie Etui- oder Cocktail-Kleid bzw. Hosenanzug oder Kostüm; für Herren empfiehlt sich zumindest ein Sakko.
Leger zum Junggesellen- bzw. Junggesellinnen-Abschied
Selbstverständlich nehmen auch türkische Brautleute Abschied vom „freien“ Leben; im modernen Kontext folgen diese Abende den bekannten Veranstaltungen des westlichen Kulturkreises. Bei der Braut wird der Junggesellinnen-Abschied häufig mit einem muslimischen Brauch kombiniert – der sogenannten Henna-Nacht.
Kina Gecesi, das bitter-süße Abschiedsfest
Am Abend vor der Hochzeit trifft sich die zukünftige Ehefrau mit weiblichen Verwandten und engen Freundinnen, um den Abschied von ihrer Familie zu feiern. Traditionell soll es dabei traurig zugehen, denn mit der Eheschließung verlässt die Braut das Elternhaus. Doch selbst bei streng historischer Abfolge wird die Henna-Nacht eine zunehmend fröhlichere Veranstaltung. Zu Beginn singen die Anwesenden vornehmlich melancholische Lieder und bemalen die Hände der Braut mit kunstvollen Mustern. Im weiteren Verlauf der Abschieds-Zeremonie bekommen sie gutes Essen und werden ausgelassener. Alkohol und sexuelle Anspielungen sind jedoch tabu.
Der Dresscode zur Henna-Nacht sieht bequeme Kleidung in gedeckten Farben vor. Die Braut trägt zusätzlich einen roten Gesichtsschleier – der einerseits ihre Abschieds-Tränen verbergen soll, andererseits den Wunsch nach zukünftigem (Kinder-) Reichtum symbolisiert. Vielfach verbreitet sind auch rote Kleider.
Kleidung für die Gäste und das Brautpaar bei einer türkischen Hochzeit: Pompös und schillernd
Am Tag der Eheschließung wird eine Reihe von Bräuchen praktiziert, die das zukünftige Eheleben positiv beeinflussen sollen. Sie einzeln zu nennen würde den Rahmen und den Anlass dieses Beitrags sprengen. Unabhängig davon gilt auf einer türkischen Hochzeitsfeier ein gleichermaßen klarer wie freier Dresscode.
Die Braut
In den meisten europäischen Ländern steht Weiß für Reinheit, Aufrichtigkeit und Jungfräulichkeit. Diese Tugenden verkörpert die Farbe auch am Bosporus – weswegen türkische Bräute traditionell im weißen Kleid heiraten. Dazu gehört zwingend ein roter Gürtel, der Fruchtbarkeit und Liebesglück verkörpert – und wahlweise durch ein Band oder eine Schärpe gleicher Farbe ersetzt werden kann.
Der Bräutigam
Zukünftige Ehemänner treten meist in dunklen Anzügen vor den „Altar“ – wobei auch in der Türkei gelegentlich andere Farben „zum Tragen“ kommen. Wichtig ist, dass die Garderobe des Bräutigams möglichst schlicht designt ist, damit seine Braut umso mehr Aufmerksamkeit bekommt. Zunehmend häufiger sind Cutaway oder Stresemann vertreten.
Die Brauteltern
Traditionell ist der Hochzeitstag ihrer Tochter für die Brauteltern ein Trauertag, denn sie verlieren ein Kind. Natürlich feiern sie dennoch kräftig mit, um ihrer Freude über das kommende Glück Ausdruck zu verleihen. Der Dresscode sieht für beide eher schlichte Garderobe vor. Ein Etui-Kleid, ein Pant-Suit oder ein Rock in Tee-Länge sind die richtige Wahl, um als Brautmutter auf einer türkischen Hochzeit zu überzeugen. Der Gatte bzw. Brautvater trägt wie sein Schwiegersohn in spe Anzug und Krawatte. Anders als zum Beispiel im deutschsprachigen Raum darf die Kleidung des Brauteltern-Paares ruhig ein bisschen glitzern und glänzen.
Die Gäste
Wer an der Hochzeitsfeier eines türkischen oder deutsch-türkischen Paares teilnimmt, kann getrost etwas „dicker auftragen“. Zurückhaltung ist hier fehl am Platze – denn nicht selten fungiert die Feier zugleich als Kontaktbörse für die nächste Eheschließung. Es kann durchaus vorkommen, dass Eltern eines alleinstehenden Sohnes hier nach seiner zukünftigen Frau suchen. Dementsprechend ist es Usus, dass sich die Freundinnen der Braut so ansprechend wie möglich präsentieren. Pompöse Kleider in allen nur erdenklichen Farben – am besten leicht glänzend und mit Rüschen oder Spitzen verziert – sind ausdrücklich erwünscht. Auch in eleganten Roben mit kleiner Schleppe sind weibliche Gäste zur Feier des Tages perfekt gekleidet.
Zwei Dinge aber dürfen die fantasievollen Gewänder niemals: zu viel zeigen und zu wenig Bewegungsfreiheit lassen. Auf einer türkischen Hochzeit wird allenfalls geflirtet – dafür jedoch umso wilder getanzt. Diesem Umstand sollten auch männliche Besucher Rechnung tragen und sich notfalls ein paar Grundschritte aneignen.